15.07.2015
Anouar Brahem mit seinem Quartett sowie das Duo Klaus Paier & Asja Valcic spielen bei Palatia Jazz auf der Ludwigshöhe
Weltmusik im besten Sinne gibt es am Samstag bei Palatia Jazz open air vor der Villa Ludwigshöhe. Der tunesische Oud-Spieler Anouar Brahem spielt mit seinem Quartett und davor ist ab 19 Uhr das Duo Klaus Paier & Asja Valcic zu erleben mit Tango, Musette, Balkanklängen und Jazz . Die Klänge und Rhythmen der Welt aus nahezu allen Erdteilen begegnen sich an diesem Abend.
Von Rainer Köhl
Unbändige Spielfreude, mitreißende Rhythmen lassen die
Cellistin Asja Valcic und der Akkordeon- und Bandoneonvirtuose Klaus
Paier aufeinandertreffen. In einem klassischen Streichquartett hat die
Cellistin früher gespielt, mittlerweile ist sie in Improvisation genauso
erfahren wie Paier. Klänge werden gemeinsam erkundet, musikalische
Genre-Grenzen überschritten. Zwischen lieblichen Sehnsüchten und
feurigen Rhythmen begibt sich das Duo auf eine abenteuerliche Reise
ihrer neuen CD-Produktion „Silk Road“.Anouar Brahem ist
ein Pilger zwischen den musikalischen Welten. Klänge aus verschiedensten
musikalischen Epochen und Kulturen hat er für sein Spiel assimiliert,
Musik der europäischen Renaissance ebenso wie Flamenco, Jazz oder klassische indische Musik. Mit den Jazz -Saxofonisten
Jan Garbarek und John Surman hat Brahem vor einiger Zeit gemeinsame
Projekte gemacht. Oder mit dem Pariser Akkordeon-Virtuosen Jean-Louis
Matinier. Und freilich ist der tunesische Musiker in allen Spielarten
der arabischen Musik höchst bewandert: in den türkischen Ausprägungen
ebenso wie in jenen, die man in Ägypten, im Irak oder im Maghreb findet.
Das Verschiedene nimmt er auf, um es in seinem stillen Personalstil zu
sublimieren. Stets ist er daran interessiert, die Gemeinsamkeiten des
Unterschiedlichen anklingen zu lassen, die Spuren einer gemeinsamen
Tradition zu betrachten. Eine neue Mannschaft hat der stille Virtuose
zusammengestellt mit dem französischen Pianisten François Couturier, dem
E-Bassisten Björn Meyer dem Bassklarinettisten Klaus Gesing.
Als Fünfzehnjähriger spielte Brahem bereits in lokalen Orchestern. In
klassischer arabischer Musik ausgebildet, erweiterte Brahem seinen
musikalischen Horizont, interessierte sich für die indische und
iranische Musik und vor allem für Jazz .
Die rein traditionelle arabische Musik, die vorwiegend zur Unterhaltung
und auf Hochzeiten gespielt wurde und in der sein Instrument lediglich
die Begleitfunktion für Sänger erfüllte, befriedigte ihn auf Dauer
nicht. Er begann, eigene Kompositionen zu schreiben und gab
Solokonzerte.
Sein Drang nach neuen Erfahrungen führte ihn 1981 nach Paris, wo er mit zahlreichen Musikern verschiedenster Genres zusammentraf. Hier blieb er vier Jahre, komponierte für das tunesische Kino und Theater, schrieb daneben die Musik für ein Ballett von Maurice Béjart und für den Costa-Gravas-Film „Hanna K“. 2010 erhielt er einen „Echo Jazz “. „Ich brauchte lange, um diese Kompositionen zu schreiben“, merkte Brahem in einem Interview an und verwies auf die politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen, die im Zuge des sogenannten arabischen Frühlings Tunesien und die angrenzenden Länder erfasst hatten: „Diese Ereignisse haben mich stark beeinflusst“.
Brahem intoniert eine Musik der zarten und leisen Art. Das klingt so, als wenn Melodien aus verschiedenen Kontinenten, unterschiedlichen Zeiten und Himmelsrichtungen herangeweht kommen.
Er entfesselt keine virtuosen Höhenflüge auf der Oud wie etwa sein Kollege Rabih Abou-Khalil, vielmehr entdeckt er die Stille und Sinnlichkeit des Klangs.
Die Rheinpfalz - Pfälzer Tageblatt - Nr. 161
Mittwoch, den 15. Juli 2015
Seite 26